Hintergrund

DEUTSCHER BUND

Das deutsche Gebiet ist 1848 noch immer ein „Flickenteppich“ von 38 souveränen Einzelstaaten. Zum Deutschen Bund gehören, neben Teilen des Kaiserreichs Österreich und des Königreichs Preußen, die Königreiche Bayern, Hannover, Sachsen und Württemberg, diverse Großherzogtümer (wie Baden), mehr als zwei Dutzend weiterer Fürstentümer und vier Stadtstaaten. Längst sind die großen Staaten Österreich und Preußen tonangebend im deutschen Raum, doch selbst der Fürst von Schaumburg-Lippe, der über weniger als 30.000 Untertanen herrscht, wacht eifersüchtig über seine Souveränität. Seit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahr 1806 gibt es eine ganze Reihe ungeklärter Machfragen auf deutschem Boden. Die Bundesversammlung in Frankfurt, auf der Gesandte aller Bundstaaten tagen, kann hier keine Abhilfe schaffen. Trotz diverser Zollunionen ist die Vielstaaterei ein ständiges Hemmnis bei wirtschaftlichen Angelegenheiten, bei Privatreisen, bei der Strafverfolgung, beim Umrechnen von Währungen und Maßeinheiten.

INDUSTRIELLE REVOLUTION

Bereits bis 1848 werden auf deutschem Boden rund 6000 Kilometer Eisenbahn verlegt. Die Eisen- und Stahlindustrie wächst stetig an, Fabriken schießen in den Großstädten wie Pilze aus dem Boden. Althergebrachte Wirtschaftszweige, vor allem im traditionellen Handwerk, werden durch die neue Entwicklung überrollt. Billig produzierte Massenware weicht die bisherigen Marktstrukturen auf. Kleinbäuerliche Betriebe und Heimbetriebe (z.B. Weber) können dieser Konkurrenz nichts entgegensetzen. Mittellose Kleinbauern und Handwerker wandern in die Großstädte ab, wo Armut und Arbeitslosigkeit jedoch gleichermaßen zunehmen. Die Bauernbefreiung des frühen 19. Jahrhunderts hat die Bauern zwar von der Fronherrschaft befreit, doch bleiben die Bauern vom Grundherrn abhängig.

SOZIALE SITUATION

1846 vernichtet ein Kartoffelschädling Europaweit einen Großteil der Kartoffelernte. Hinzu kommt im deutschen Raum ein Starkregen gefolgt von einer langen Trockenperiode, der im Rheinland 50%, in Schlesien sogar 60% der Roggenernte zum Opfer fallen. Der Roggenpreis erhöht sich 1847 vielerorts auf das Doppelte, der Preis für Kartoffeln auf das Dreifache. Es kommt vielerorts zu Hungerunruhen, wobei die Unruhen in Berlin am 22. April 1847 zu den Heftigsten gehören. Dort werden 8 Marktplätze gestürmt und 45 Läden geplündert. Polizei und Militär greifen ein, 300 Menschen werden verhaftet. Um die Lage zu beruhigen, erlässt Friedrich Wilhelm IV. für die Verhafteten am 15. Oktober, anlässlich seines Geburtstages, eine Amnestie. Die Nahrungsmittellage bleibt weiterhin angespannt. Die Massenarbeitslosigkeit in den Städten drückt die Löhne. Selbst mit Kinderarbeit, 12-Stunden-Arbeitstag und Sonntagsarbeit leben viele Familien ständig am Rande des Existenzminimums. Minimale Preisschwankungen bei Lebensmitteln führen zu Hunger und Unterernährung. Es gibt keine Altersversorgung, Unfallversicherung, Kündigungsschutz oder Schutz gegen Willkür durch Arbeitgeber. Preußen reagiert 1839 mit einem Gesetz, das Kindern unter zehn Jahren die Arbeit in Fabriken verbietet, sowie ein Sonntags- und Nachtarbeitsverbot für 10- bis 16-jährige beinhaltete. Im Handwerk, Gewerbe und vor allem in der Landwirtschaft gab es aber weiterhin keinen gesetzlichen Schutz für Kinder. Obwohl Kinder fast genauso viel wie ein Erwachsener arbeiten müssen, bekommen sie nur etwa ein Zehntel des durchschnittlichen Lohnes eines Mannes. Diese „arbeitenden Klassen“ im weitesten Sinn stellten in Preußen 1849 etwa 82 % aller Erwerbstätigen und zusammen mit ihren Angehörigen machten sie 67 % der Gesamtbevölkerung aus.

AUSWANDERUNG

Armut und Hunger führen zu immer stärkeren Auswanderungswellen. Waren es bis 1830 rund 3000 Menschen, die aus den deutschen Gebieten jährlich auswandern, sind es 1847 bereits 80.000. In Süddeutschland wird die Auswanderung mitunter staatlich gefördert, um so der Überbevölkerung und sozialen Krisen vorzubeugen. Die USA sind das mit Abstand meistgewählte Auswandererziel. Deutsche Auswanderer werden neben den Iren zur größten Gruppe der Immigranten in den USA. Nach 1848 bilden die „Forty-Eighters“ eine eigene Gruppe unter den Einwanderern in den USA.

FREIHEITSGEDANKE AUF DEUTSCHEM BODEN

Die restaurativen Gesetze, die vielerorts die Meinungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und die Pressefreiheit erheblich einschränken, führen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in deutschen Ländern zu Widerstand. Angefangen bei den Studenten, protestieren zunehmend Teile des Bürgertums gegen die rückwärtsgewandte Politik der traditionellen Herrscherhäuser, deren Machanspruch noch immer auf dem Gottesgnadentum beruht. Das Wartburgfest und das Hambacher Fest sind nur einige Beispiele für die zunehmend revolutionäre Stimmung in den deutschen Landen.

REVOLUTIONÄRE ERHEBUNGEN UND AUFSTÄNDE IN EUROPA

Vor allem im deutschen Bürgertum werden revolutionäre Erhebungen in Europa mit großem Interesse verfolgt. Während man gerade im Südwestdeutschen Raum sehr zwiegespalten zur französischen Revolution von 1789 steht (weil sie zur Terrorherrschaft und zur Verheerung Südwestdeutschlands führte), werden die späteren Erhebungen in Griechenland, Polen, Frankreich, Ungarn oder Italien mit großem Interesse und Anteilnahme verfolgt. Zeitweise bilden sich neben Griechenvereinen auch Polenvereine. Dort werden Gelder für den Freiheitskampf gesammelt und ins Exil geflohene Freiheitskämpfer unterstützt. Während des Polnischen Aufstandes 1830 ziehen beispielsweise 70 deutsche Ärzte nach Polen, um dort die Aufständischen zu unterstützen. Ab 1832 werden diese Polenvereine nach und nach in den deutschen Staaten verboten, aber das Interesse für die Sache bleibt.